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Selbstbestimmte Kinder gleichwürdig begleiten

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Einleitung

Alle Eltern verzweifeln wohl hin und wieder am Willen ihrer Kinder. Wenn man nach draussen möchte, möchten sie lieber drin bleiben und an einem kalten Tag glauben sie, ohne Jacke rausgehen zu können. Und dann stehen wir da und müssen einen Kompromiss finden. Es gibt Kinder, denen gelingt das leicht. Und andere tun sich damit sehr schwer, weil sie eine ganz klare Vorstellung davon haben, was sie möchten. Diese Kinder brauchen nicht mehr oder strengere Regeln, im Gegenteil, sie brauchen Eltern, die sie führen, ihren Willen aber anerkennen.

“Eins meiner drei Kinder war von klein auf anders als andere: feinfühliger, empfindlicher, sehr schnell überreizt. Aber auch wilder, energiegeladener, rebellischer. Von jedem Gefühl schien es nur die Extremvariante zu kennen: grösste Freude, tiefste Traurigkeit, wildeste Wut. Ein abenteuerlicher Mix, der uns im Familienalltag oft vor grosse Herausforderungen stellte!” Nora Imlau

„Von jedem Gefühl schien es nur die Extremvariante zu kennen: grösste Freude, tiefste Traurigkeit, wildeste Wut.“ Nora Imlau

Überschwängliche Freude, tiefe Traurigkeit, rasende Wut – Ja, dieser temperamentvolle Cocktail kommt auch mir bekannt vor. Mindestens eins meiner vier Kinder ist “gefühlsstark”, wie Nora Imlau ihr Kind beschreibt. Jesper Juul verwendet den Begriff “autonome” oder “selbstbestimmte “ Kinder. Doch egal ob gefühlsstark, autonom, selbstbestimmt… Konsens besteht wohl darin, dass Kinder, die mehr fühlen, eine grosse Herausforderung einerseits und eine riesige Wachstumschance andererseits für ihre Eltern darstellen.

Was macht diese Kinder so besonders? Warum scheinen sie sich das Leben unnötig schwer zu machen und wie kann ich es angemessen unterstützen?

In der Begleitung meiner Kinder stiess ich schon früh auf das Buch “Raising Your Spirited Child”  von Mary Sheedy Kurcinka. Es ist ein Leitfaden für Eltern, der darauf abzielt, ihnen Strategien und Einsichten zur Begleitung von Kindern zu bieten, die als besonders intensiv, sensibel, wahrnehmungsstark, beharrlich und energisch beschrieben werden können – eben jene, die oft als „gefühlsstark“ oder „lebhaft“ bezeichnet werden.

Kurcinka betont die Bedeutung des „Reframings“, also der Neubewertung von Verhaltensweisen. Anstatt Verhaltensweisen als „problematisch“ zu betrachten, schlägt sie vor, sie als Ausdruck tieferer Bedürfnisse und Fähigkeiten zu sehen.

Sie gibt praktische Tipps und Techniken, wie Eltern eine Umgebung schaffen können, die ihrem Kind hilft, zu gedeihen. Sie erklärt, wie wichtig es ist, die Energielevels sowohl des Kindes als auch der Eltern zu erkennen und wie man lernen kann, diese zu steuern, um Überforderung zu vermeiden.

Im Kern vermittelt „Raising Your Spirited Child“ eine Botschaft der Hoffnung und Ermutigung. Es erkennt an, dass gefühlsstarke Kinder herausfordernd sein können, aber mit Verständnis und den richtigen Strategien können Eltern diesen Kindern helfen, ihre einzigartigen Stärken zu nutzen und zu blühenden Individuen heranzuwachsen.


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Buchbestellung Raising Your Spirited Child in deutscher Sprache "Wie anstrengende Kinder zu großartigen Erwachsenen werden"

Anstrengende Kinder besitzen besonders ausgeprägte Eigenschaften, die im Erwachsenenalter sehr geschätzt werden: Willensstärke, Ausdauer und Sensitivität. Bei Kindern und Jugendlichen führen diese Gaben oftmals zu Schwierigkeiten auf ihrem Weg durch Kindergarten, Schule und alle Institutionen, die Anpassung, Flexibilität und Selbstkontrolle erfordern. Ihre Erziehung führt Eltern immer wieder an ihre Grenzen und vor viele Fragen: Was kann ich tun, um meinem Kind eine unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen? Wie kann ich ihm helfen, ein glücklicher und zufriedener Mensch zu werden? Und wie verhindere ich, dass mir dabei die Kraft ausgeht?

Später dann stiess ich auf das Buch von Jesper Juul über autonome Kinder und auf Noras Buch über Gefühlsstarke Kinder. Alle drei Bücher haben gemeinsam, dass sie die unglaublichen Stärken dieser Kinder anerkennen und hervorheben, ohne dabei zu negieren, dass sie für die Eltern eine grosse Heraus- und oft auch Überforderung darstellen.

Und als wäre dies allein nicht bereits ausgelastet genug, prassen auf die Eltern natürlich gesellschaftliche Erwartungen und damit einhergehend Vorwürfe von aussen: sei es indirekt, durch vernichtende Blicke oder Kopfschütteln, wenn das Kind auf offener Strasse vor Wut kocht, oder direkt durch Aussagen wie: ”es liegt an der Erziehung“, „da müsst ihr einfach ganz klar durchgreifen und Grenzen setzen!“.

Aus eigener Erfahrung und auch durch Gespräche mit zahlreichen anderen Eltern von autonomen Kindern, weiss ich, dass dadurch ein Teufelskreis losgetreten wird: Die so dringend benötigte Unterstützung fällt aus, weil sich Familienmitglieder zurückziehen oder die Beziehung durch die Vorwürfe an die Eltern leidet, Besuche bei Freunden und Bekannten werden mehr und mehr gemieden, aus Angst, es kommt zu einem „Vorfall“, die Belastung auf die Eltern steigt, sie können ihr Kind nicht mehr in der Ruhe und Sicherheit begleiten, wie es das Kind doch so dringend braucht.

„Heute wissen wir: Dass gefühlsstarke Kinder so sind, wie sie sind, ist keine Frage der Erziehung. Sondern ihrer Hirnchemie. Der Grund: Die Amygdala, also der „Gefahrendetektor im Gehirn“, ist bei diesen Kindern besonders aktiv, was zu ihren heftigen emotionalen Reaktionen führt. Ihr Vagusnerv, der für die Selbstberuhigungsfähigkeit zuständig ist, ist hingegen nur relativ schwach ausgeprägt. Das heisst: Sie nehmen alle Eindrücke besonders intensiv wahr und sind deshalb schnell überreizt. Gleichzeitig brauchen sie viel Begleitung, um in emotional schwierigen Situationen wieder in die Ruhe finden zu können.“ Nora Imlau

Eine scharfe Zahnpasta kann wie Feuer brennen, ein anderes Waschmittel kann unausstehlich sein, das Kämmen der Haare wird zur Qual und laute Geräusche und viel Lärm lassen den Kopf platzen.

Aber was macht denn diese Kinder so besonders herausfordernd?

Diese Kinder neigen dazu, die Kooperation zu verweigern, sobald Dinge nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Ein Teil des Problems ist, dass Kinder, besonders die jüngeren, ihre Wünsche noch nicht präzise verbalisieren können. Ihre Fähigkeit beschränkt sich oft darauf, durch ihr Verhalten aufzuzeigen, was sie ablehnen, nicht aber, was sie bevorzugen. Dieser Umstand führt regelmässig zu Frustration auf allen Seiten. Ältere Kinder haben zwar eine klarere Vorstellung von ihren Wünschen, doch fehlt ihnen oft das Bewusstsein für ihre tatsächlichen Bedürfnisse. In solchen Fällen obliegt es den Erwachsenen, zu beurteilen und zu entscheiden, was für das Wohl des Kindes erforderlich ist.

Diese Kinder neigen dazu, die Kooperation zu verweigern, sobald Dinge nicht ihren Vorstellungen entsprechen.

Was in der Begleitung wichtig ist

Das Wichtigste ist, dass das Kind immer weiss und immer wieder gesagt bekommt: Du bist richtig, so wie du bist! Und wir lieben dich, so wie du bist! Diese Verbundenheit und bedingungslose Liebe sind die Basis für eine gleichwürdige Begleitung.

„Das Wichtigste ist, dass das Kind immer weiss und immer wieder gesagt bekommt: Du bist richtig, so wie du bist! Und wir lieben dich, so wie du bist!“ Hanna Landolt

Dann ist es sehr bedeutend, dass wir eine persönliche und integritätswahrende Sprache verwenden. Mit Generalisierungen können diese Kinder sehr wenig anfangen, sie müssen und wollen uns als Eltern kennenlernen und sie wollen wissen, wie weit sie gehen können.

Anstatt: „Das macht man nicht!“ ,”Mama möchte, dass du…” sagen wir: „Ich will nicht, dass…“ „Mir ist wichtig, dass …” So lernen sie uns authentisch kennen und können über uns als Vorbild selbst lernen, authentisch zu sein und für sich einzustehen, sich zu zeigen.

Wir dürfen als Eltern auch für uns und unsere Bedürfnisse einstehen und den Frust, der dann auf Seiten des Kindes mit grosser Wahrscheinlichkeit kommt, aushalten. Damit vermitteln wir dem Kind: Alle Gefühle sind okay und ich kann das ertragen.

Wir zeigen Wege und Strategien auf, wie heftige Gefühle auf eine Weise gelebt werden können, dass sie nicht zerstörerisch sind. Wir machen uns mit dem Kind auf den Weg und finden heraus, was hilft: Bei einem Kind ist es vielleicht Yoga oder Sport, beim zweiten ist es das Malen oder Geschichten hören, beim dritten ist es ein Haustier.

Was ich von meinem autonomen Kind lernen durfte

Das Leben mit einem emotional intensiven Kind bringt viel Dramatik mit sich. Es erfordert viel Geduld und Zuwendung, um jede Krise zu bewältigen, was eine echte Herausforderung sein kann.

„Was auch immer ich gebe, es ist nie genug!“ ist ein häufiger Seufzer in betroffenen Familien. Ich durfte lernen, meine Grenzen kennenzulernen und für sie einzustehen. Ein Nein zu meinem Kind, ist ein Ja zu mir und wenn ich dies meinem Kind klar aber Integrität während vermittle, kann es dadurch viel über gesunde Beziehungsgestaltung lernen.

„Ein Nein zu meinem Kind, ist ein Ja zu mir und wenn ich dies meinem Kind klar aber Integrität wahrend vermittle, kann es dadurch viel über gesunde Beziehungsgestaltung lernen.“ Hanna Landolt

In einem weiteren Schritt musste ich lernen, meinem Kind zu helfen, seine Emotionen gesund zu managen. Dabei musste ich zwangsläufig meine eigenen Emotionen kontrollieren zu lernen und vor allem hinschauen, welche Emotionen mich besonders triggern und weshalb. Wo und weshalb bin ich wütend und wie zeige ich meine Wut? Wie reagiere ich, wenn meine Grenze übertreten wird? Achte ich die Grenze meines Kindes? Hier kann eine Familienberatung sehr hilfreich sein.

Ich habe eine besondere Wertschätzung für solche Kinder entwickelt, denn gefühlsstarke Kinder können nicht nur weinen und wüten. Sie sind auch unglaublich ausdauernd und aktiv, und bewundernswert hartnäckig: Wenn sie etwas wollen, geben sie nicht auf, bis sie es haben. Sie sprühen vor Ideen und sind sehr kreativ. Sie sehen Lösungen, wo keiner hinschaut.

  1. Sie erleben und äussern Gefühle besonders intensiv und springen dabei häufig von einem Extrem ins nächste.
  2. Sie sind sehr ausdauernd und hartnäckig und lassen so leicht nicht locker, wenn sie sich mal etwas in den Kopf gesetzt haben.
  3. Sie sind überdurchschnittlich sensibel, dadurch auch leicht reizüberflutet und sehr verletzlich.
  4. Sie sind aussergewöhnlich offen für alle Eindrücke und nehmen ihre Umwelt ganz genau wahr.
  5. Sie haben ein Thema mit Routinen: Entweder beharren sie stark auf immergleichen Abläufen, von denen um keinen Preis abgewichen werden darf. Oder sie empfinden jede Form von Rahmen als Freiheitsbeschränkung und wehren sich mit aller Macht gegen immergleiche Abläufe im Alltag.
  6. Sie verfügen über eine scheinbar niemals endende Energie, haben einen grossen Bewegungsdrang, und brauchen im Vergleich zu anderen Kindern ihres Alters viel weniger Schlaf.
  7. Sie tun sich sehr schwer mit Veränderungen und Übergängen. Jede neue Umgebung bedeutet erstmal Stress, jeder Wechsel zwischen Bezugspersonen fällt schwer.
  8. Sie sind oft sehr nachdenklich, philosophisch und grüblerisch und machen sich auch über traurige und schwierige Themen viele Gedanken. Deshalb wirken sie oft ernster als andere Kinder.

Initiantin familylab campus, familylab Seminarleiterin, Schulleiterin und Gründerin Lernhaus Sole, Lernbegleiterin, Mama von vier Kindern

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